Selbstmedikation mit Ritalin

Das Eisen ist schon heiss genug, wenn eine Lehrperson über "Ritalin" (Methylphenidat) schreibt. Besonders heikel wird es, wenn diese LP behauptet, es gäbe SuS, die sich Ritalin selbst besorgt und (un)regelmässig eingenommen hätten.

Ich zitiere hier aus dem Beipackzettel einer Handelsform von Ritalin.

"Ritalin LA 40mg Hartkapseln" enthält den Wirkstoff Methylphenidat, ein Arzneimittel aus der Gruppe der sogenannten Psychoanaleptika, Psychostimulanzien und Nootropika sowie der zentral wirkenden Sympathomimetika. Methylphenidat wird üblicherweise in Salzform als Methylphenidathydrochlorid angewendet.

"Ritalin LA 40mg Hartkapseln" ist verschreibungspflichtig und darf nur auf ärztliche Anweisung eingenommen werden. Hinweis: "Ritalin LA 40mg Hartkapseln" darf nur von einem Spezialisten für Verhaltensstörungen bei Kindern und/oder Jugendlichen verordnet und unter dessen Aufsicht angewendet werden!

Die Verschreibung von Ritalin durch Spezialärzte (unter Aufsicht der Kantone) wird vom Bund ernst genommen. Als Beispiel (für viele) sei hier die Motion von Nationalrat Siebenthal (2009) erwähnt.

Aus meiner Sicht gibt es zwei Hauptzweige der Diskussion um Ritalin:

a) die starke Zunahme von Verschreibungen

b) ein offensichtlicher Schwarzmarkt 

zu a) 

Bei den Verschreibungen gilt es erstmals die starke Zunahme als solche zu erwähnen und zweitens, eine regionale Verschreibungsdichte, die so nicht selbsterklärend ist. Sie haben im letzten Post Sir Ken Robinson gesehen, der ein regelrechtes Gefälle von medizinisch dokumentierten ADHS (ADS; POS) konstatiert hat von der West- zur Ostküste Amerikas. (ADHS und Rialin werden oft im gleichen Atemzug erwähnt).

zu b)

Gerade heute ist ein Artikel im Netz, welcher Ritalin (eingenommen ohne strenge ärztliche Kontrolle) zur gefährlichsten Droge der Welt stempelt. 

Elterngruppierungen formieren sich. 

Bereits haben sich zahlreiche Eltern-Hilfsgruppen gebildet, die sich gegen die Verschreibung von Ritalin an ihre Kinder wehren. Sie erhalten oft Unterstützung durch Politiker und sogar Aerzte.

Wenn sich Eltern bereits gegen ärztlich verordnetes Ritalin wehren, wie gross muss dann erst der Widerstand gegen illegal eingenommenes Ritalin sein. 

Pauschal gesagt: Ritalin ist ein Ruhigsteller. Kinder die (hyper-)aktiv sind werden damit zu wohlerzogenen Lämmchen (jeder Arzt möge mir verzeihen!). Das alleine ist für viele Eltern und Lehrpersonen Grund genug, an das Wundermittel zu glauben und es bereitwillig zu unterstützen.

Ritalin ist aber kein Heilmittel, sondern wirkt nur, solange es eingenommen ist. Es unterdrückt lediglich Symptome. Ritalin ist keine Lösung. Es kann den Übergang erleichtern oder eine Therapie unterstützen. Darum muss es auch unter strenger ärztlicher Kontrolle eingenommen werden. 

Dieser Post nimmt daher eine ganz klar wertende Haltung ein:

a) Ritalin ohne Rezept ist eine illegale Droge (vergleichbar mit anderen "harten Drogen").

b) Ritalin ist keine Dauerlösung. Eltern und Lehrer müssen daher jederzeit kritisch reflektieren, wie dem Jugendlichen aus dieser Übergangsphase heraus geholfen werden kann. 

c) Hyperaktivität könnte auch von "unverbrauchter Energie" herrühren. Vielleicht wäre SPATV umzudeuten: Sport am TV könnte auch werden zu SPort anstelle TV. 

Warum diskutieren wir nicht mal die Formel: (nur) doppelt solange "gamen" wie bewegen (in der Natur draussen).

Schlusswort:

Es sei an dieser Stelle ein ausdrücklicher Dank an die Pharmaindustrie und insbesondere Novartis ausgesprochen, dass sie immense Mengen an Ressourcen für Forschung und Zulassungsverfahren aufwenden, die der Menschheit immer wieder hervorragende Heilmittel zu Verfügung stellen. Dennoch darf jeder glücklich sein, der ein Medikament nicht braucht.