Wednesday, January 30, 2013

Ueli Berger; Herr über 7218 Lehrlinge

In der heutigen Präsenzveranstaltung von Berufspädagogik war ein besonderer Gast geladen. Ueli Berger, der Amtchef des Amtes für Berufsbildung und Berufsberatung kam von Frauenfeld nach Kreuzlingen um speziell in unserer Klasse Das Thurgauische Berufsbildungssystem zu erklären.
Dabei stellte Ueli Berger gleich von Beginn weg klar, dass für jene, die schon in der Schweiz Berufsschule unterrichten, vieles schon bekannt sein würde. Doch es war gleichsam sehr interessant, von einem richtigen Insider - Ueli Berger ist seit 20 Jahren beim BBT und sei 1996 Amtschef - zu hören, was sich alles tut auf diesem Bereich.
Gegenüber der gymnasialen Ausbildung besteht der Voteil in der beruflichen Grundbildung, dass hier die Zepterführung nicht bei den Kantonen sonder beim Bund liegt. Harmonisierungsprobleme gibt es in der Berufsbildung nicht. Das macht einiges einfacher.

Ein Problem stellt die Vielzahl der verschiedenen Berufe dar. Insbesondere Berufsgruppen mit sehr wenig Schülern würden einen überdimensionalen Aufwand generieren. So nennt Ueli Berger insbesondere die Instrumentenbauer. Hier gibt es zur Zeit nur 8 Lehrverhältnisse. Diese teilen sich intern noch auf in Tasteninstrumente, Blechblasinstrumente und weitere Untergruppen. Die Lernenden werden auf Deutsch, Französisch und Italienisch ausgebildet. Das macht jetzt beispielsweise der Thurgau auf dem Arenenberg in Ermatingen. Eine Lösung wäre hier, wenn diese Lernenden eine nahe andere Grundbildung absolvieren würden (für die Blechblasinstrumentenbauer z.B. eine Lehre als Spengler) und dann in der Fachausbildung zur Meisterprüfung die Spezialisierung lernen würden. das bringt den Vorteil, dass der Lernende weniger Abhängig von konjunkturellen Schwankungen wäre oder wenn der Markt mit Billiginstrumenten aus Asien überschwemmt wird.

Ueli Berger erklärt die Arbeitsbereiche des ABB untermauert mit eindrücklichen Zahlen. So teilen sich die konstant über 7000 Lehrverhältnisse auf 120 Berufe und rund 3100 Lehrbetriebe auf. Die drei Prüfungskommissionen haben rund 900 Prüfungsexperten. Es gibt 7 kantonale und 39 ausserkantonale Berufsschule und die überbetrieblichen Kurse (üK) verden von 65 üK-Institutionen übernommen.
Dass es eine Reduktion der Bildungsverordnungen braucht, was eine gewisse Standardisierung bringt, zeigt sich in den Zahlen, dass 30 Lehrberufe rund 127'000 Lehrlinge (76.5%) ausbilden. Die übrigen 209 Lehrberufe bilden 39'000 Lerndende aus.
Die Berufsbildung ist die Ideale Brücke in die Arbeitswelt

Ein Bereich, den Ueli Berger angesprochen hat, ist die tiefe Maturitätsquote im Kanton Thurgau. Als Amtschef des Berufsbildungsamtes braucht ihn das weniger zu kümmer. Hier kann weniger bemängelt werden, dass es gute Gründe gibt, für die Berufsbildung und die Durchlässigkeit von der Berufslehre zur Matura heute gegeben ist. Mit der signifikant tieferen Maturitätsquote im Thurgau gegenüber dem schweizerischen Schnitt und vor allem gegenüber dem grossen Nachbarn BaWü ist eine Schlechterstellung der Kinder des Thurgaus nicht zu rechtfertigen. Hier ist dringend eine Angleichung erforderlich. Kognitiv ist zumindest dieses Gefälle nicht zu begründen. Es stellt eine faktische Diskriminierung der Thurgauer Schüler dar, die dringenst aufgehoben werden muss.

Der Nachmittag stand im Zeichen verschiedener Nachholarbeiten von Posterpräsentationen und einer sehr gelungenen Einführung von Max in das Systemische Denken und Lerncoaching.
Hier blieb leider nicht mehr allzu viel Zeit für die vertiefte Fragestellung, wann Systeme komplex oder eben trivial seien. Ich kann die Antwort vorweg nehmen. Trivial ist ein System, wenn der Output vom Input her definiert ist. Das ist bei einer Kaffee-Maschine und auch bei einem Auto so. Ein System, das mit Menschen zutun hat und  möglicherweise unberechenbar reagiert ist eben komplex.  Es waren interessante Stunden, auch wenn die Schülerschaft grippebedingt eher reduziert war.

2 comments:

  1. Ja, die verschiedenen Bildungssysteme in der EU und darüber hinaus. Klar fällt pro Forma die hohe Anzahl Gymnasiasten und D und die Bevorzugung des dualen Ausbildungssystems in CH auf. Da muss man schon ein wenig Bescheid wissen, um sehen zu können, welche Abschlüsse inhaltlich gleichwertig oder auf vergleichbarem Niveau sind. In allen Ländern dasselbe System wäre jedoch fatal! Keine Chance zu Entwicklungen und Veränderungen. Aber wieweit muss wer es übersehen? Manches klappt doch gerade in Grenzregionen ganz hervorragend. Z.B. gibt es meines Wissens an der Uni Karlsruhe die co-tutelle, eine deutsch-französische Doktorarbeit. Und offensichtlich ist Austausch zwischen Deutschschweiz, Deutschland und Österreich interessant, da die Sprachbarriere wegfällt. Die PH in Kreuzlingen als eine Hochschule am Bodensee ist doch das beste Beispiel, wie angehende Lehrer aus schweizerischem und deutschem Schulsystem zusammenkommen können. Also: schauen wir kritisch, aber seien wir offen und freuen uns über die Vielfalt im (geographischen) Europa.
    Auch wenn ein normaler Deutscher einen Schweizer erstmal fragen muss, was denn eine Berufsmatura ist.

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  2. Ups, hab Anonymous genommen, um eventuelle Username/Passwort-Probleme zu vermeiden ... und dann vergessen, meinen Namen drunterzuschreiben. Sorry, ich war's,
    Ursula

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